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Der indischen Guru, der Angst vor der Kraft der wilden Weiblichkeit hatte

 

Langsam kommt er in meine Richtung, sieht jedem Mann, jedem Kind und jeder Frau, die vor mir in der Reihe stehen, tief in die Augen.

Endlich - ich bin dran - ich schaue ihm in die Augen, er sieht mir ins Gesicht, um im selben Sekundenbruchteil erschrocken seinen Blick abzuwenden.

 

Das ist jetzt schon das zweite Mal. Wieder in Jesolo, wieder im Sommerretrat.

Was ist los mit mir? Was ist falsch mit mir? Warum kann der Meister mir nicht in die Augen sehen, warum bekomme ich den Darshan von ihm nicht, alle anderen aber schon?

 

Wer mich schon länger kennt, weiß, dass ich viele Jahre in Mitten der tiefsten esoterisch-spirituellen Abgründe verbracht habe.

So ungefähr mindestens 30 Jahre, wenn nicht mehr.

Diese Jahre bilden auch ein festes Fundament dessen, wer ich heute bin und was mich ausmacht.

Über viele Wege - auch meine Ahninnen hatten da ihren Anteil daran - kam ich ungefähr 1993 oder 1994 (so ganz genau weiß ich es nicht mehr) über eine meiner Tanzkursteilnehmerinnen an einen spirituellen Stammtisch, der sich 14-tägig in einem Nebenraum eines Restaurants in Ulm traf.

Diese Frau - ich nenne sie jetzt mal Sabine - wurde mir eine sehr gute Freundin, auch die anderen Menschen des Stammtischs wurden zu einer Art Familienersatz.

Sabine war gerade frisch in den Surat-Shabd-Yoga initiiert und schwärmte von ihrem Lehrer, ihrem Guru, und wie gut ihr dieser Yoga-Weg tat.

 

So ungefähr zwei Jahre später - ich betrieb inzwischen ein Tanzstudio in Ulm -  passierten teilweise extrem seltsame Dinge dort. Diese Dinge könnte man der Einfachheit halber als "Poltergeist-Phänomene" bezeichnen. Was es letztendlich wirklich war, weiß ich bis  heute nicht, geholfen hat nur der Auszug aus dem Gebäude.

 

Da mich diese Phänomene aber sehr stark belasteten, riet mir meine Freundin Sabine, mich doch auf das "Innere Licht und den Inneren Ton" initieren zu lassen, es würde nichts kosten und wäre völlig unverbindlich. Ich müsste dann nur regelmäßig auf das Innere Licht und den Inneren Ton meditieren.

 

Gesagt, getan, wir fuhren zu einer Schülerin des Gurus ins Allgäu, die die Erlaubnis hatte, Initiationen durchzuführen. Ich lernte die "5 heiligen Worte", den Simran, und das Hören auf den Inneren Ton (das könnte man jetzt "Achtsamkeit auf den Tinnitus lenken" nennen).

 

Noch in der selben Nacht ließen tatsächlich die seltsamen Ereignisse nach.

 

In den folgenden 10 Jahren, die ich tief verbunden mit der Sekte verbrachte, ging es mir immer schlechter: in den regelmäßig besuchten "Satsangs" (Treffen zum gemeinsamen Singen, den Worten des Meisters auf Video lauschen und Meditieren) kam immer die Aufforderung. bzw. der gut gemeinte Ratschlag, wenn du nur gut und tief genug meditierst, löst der Meister alle deine Probleme.

 

Naja, meine Geldsorgen, die ich nach der Aufgabe des Tanzstudios hatte, hat er nicht gelöst....

 

Am meisten belastet hat mich aber das Ziel der ganzen Sekte/Bewegung. Weg vom Irdischen, hin zum rein Geistigen - alles unterhalb der Augenbrauen ist böse (oder des Teufels), nur das, was oberhalb des 3. Auges ist, darf beachtet werden und dem darf die alleinige Aufmerksamkeit geschenkt werden.

 

Die Diskrepanz zwischen diesen Aufforderungen und Zielen und meinem Lebensstil als sehr aktive und damals auch recht erfolgreiche Bauchtänzerin - also sehr sinnlich, erotisch, sexy und weiblich, hat mich schier zerrissen.

 

Und dann in den Satsangs - egal ob live oder auf Video - "der liebende Vater im Himmel" oder: "das Leben auf Erden ist immer ein Leiden, es ist der schrecklichste Ort, den man sich vorstellen kann, nur die Meditation und die Hinwendung zum Meister kann dich retten" - wo sich mir jedesmal der Magen umgedreht hat...

 

Natürlich habe ich die Schuld bei mir gesucht, dass Sant Thakar Singh mir nicht in die Augen sehen konnte, nur - ich wusste halt nie, was es tatsächlich war.

 

Heute weiß ich es: er konnte die unbändige Kraft und Stärke meiner Ahninnen nicht ertragen! Er war ein kleines, patriarchales Männchen, das mit der Ursubstanz - dem Leben aus dem Weiblichen - nicht klar kam, da sich seine ganze Weisheit aus der jenseitig-geistigen Licht-und Liebe-Welt speiste, die mit dem wirklichen Leben, dem Blut, den Schmerzen, der mütterlichen Liebe, der wahren Kraft, die in jeder Frau und Mutter steckt, überhaupt nichts zu tun hat.

 

Und: das ist die Quintessenz der Esoterik - die patriarchale Himmels-Lüge, der Aneigung und Auslöschung des irdisch-weiblichen, um das patriarchal Männliche zu stärken!

 

Hier fußen alle "Weltreligionen", sei es Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus, Sikkhismus oder sonst eine "Wort" oder Buch-Religion. Auch die esoterischen Lehren der Gnostiker oder der Antroposophen suchen die Trennung in weiblich-männlich und irdisch-spirituell.

 

Der Blick eines "erleuchteten" Mannes in die Augen einer Frau, hinter der zehntausende von Generationen wuchtiger, wilder, ursprünglicher Frauenkraft stehen, ließ ihn vor Angst erstarren....

 

Wie der Blick in das Antlitz der Medusa oder Gorgo.......

 

Wenn wir Frauen uns dieser unbändigen Stärke wieder bewusst werden, mit der unsere Ahninnen unsere Rücken stärken, können wir die Trennung, die Dualität wieder überwinden. Diesmal nicht in der "göttlich-jenseitigen Licht-und-Liebe-Einheit", sondern in der realen, fassbaren Einheit alles Lebendigen auf Mutter Erde.

Medusa Schild
Schild der Athene mit dem Medusa-Haupt, Sergio Mengua via Pinterest

 

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